26.06.2018

Westdeutsche Allgemeine Zeitung

Bin Laden-Leibwächter Sami A. sitzt in Abschiebehaft

Bochum/Düsseldorf.  Der in Bochum lebende Islamist Sami A. kann möglicherweise nun doch nach Tunesien ausgewiesen werden. Sein Abschiebeverbot wurde aufgehoben.

Als sich Sami A. am Montagmittag zu seiner täglichen Meldung bei der Bochumer Polizei einfand, klickten die Handschellen. Der 42-jährige Tunesier wurde dem Haftrichter vorgeführt und noch am selben Nachmittag in die Abschiebehaftanstalt Büren gebracht. Ob damit das letzte Kapitel in einer an Wirrungen reichen Geschichte des deutschen Aufenthaltsrechts aufgeschlagen wurde?

Sami A. war am Montag im Auftrag des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) ein Bescheid darüber zugestellt worden, dass ein bisheriges Abschiebehindernis nicht mehr bestehe. Das erklärte ein Sprecher der Stadt Bochum auf Nachfrage dieser Zeitung. Dadurch sei nun eine Abschiebung möglich. Nach der Anhörung des Amtsgerichts Bochum am frühen Abend wurde Sami A. in Abschiebehaft genommen.

Erfolgreicher Klageweg durch Gerichtsinstanzen

Sami A. wurde bundesweit bekannt als radikaler Islamist und mutmaßlicher früherer Leibwächter des Al-Qaida-Terrorchefs Osama Bin Laden. Seit zwölf Jahren mühten sich die deutschen Behörden vergeblich, ihn in seine Heimat Tunesien abzuschieben. Sami A. lebte nach erfolgreichem Klageweg durch die Gerichtsinstanzen mit Frau und Kindern in Bochum und kam bereits seit 2006 polizeilichen Meldeauflagen sowie Residenzpflicht nach. Ihm standen Asylbewerberleistungen von monatlich 1167,84 Euro zu, wie die Landesregierung zuletzt auf parlamentarische Anfrage vorrechnete.

Der Fall galt als Paradebeispiel für die Machtlosigkeit der Behörden im Umgang mit islamistischen Gefährdern aus den nordafrikanischen Maghreb-Staaten, die bei der Rücknahme ihrer Staatsbürger als besonders sperrig gelten. Nach mehreren Gerichtsverfahren in den vergangenen Jahren hatte zuletzt 2017 das Oberverwaltungsgericht ein Abschiebeverbot bestätigt, da Sami A. in seiner Heimat Folter drohen könnte. Damit waren der nordrhein-westfälischen Landesregierung die Hände gebunden.

Camp in Afghanistan

NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) appellierte deshalb an die Bundesregierung und das zuständige Bamf, sich um eine diplomatische Zusicherung zu bemühen, dass Sami A. nach der Rückführung von den tunesischen Behörden menschenwürdig behandelt würde.

Aus seinem Unverständnis für die rechtlichen Volten im Fall eines solch einschlägig bekannten Gefährders machte Stamp keinen Hehl. Sami A., der bereits 1997 als Student nach Deutschland gekommen war, befand sich seit Jahren auf dem Radar des Verfassungsschutzes. Er stand im Verdacht, junge Muslime zu radikalisieren. Gerichtsfeste Beweise dafür fehlten jedoch. Am Rande eines Terror-Prozesses vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf war schon 2005 ans Licht gekommen, dass Sami A. um die Jahrtausendwende in einem Camp in Afghanistan als Leibwächter Bin Ladens aufgetreten sein muss. Nur: Damals gab es noch keinen entsprechenden Straftatbestand.

Bundesinnenminister Seehofer macht seit Wochen Druck

Seit Wochen machte nun der neue Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) öffentlichkeitswirksam Druck in der Angelegenheit. Jeden Tag lasse er sich den neuesten Sachstand vortragen, berichtete „Bild“. Nachdem das Bundesverfassungsgericht jüngst die Beschwerde eines anderen tunesischen Gefährders gegen dessen Abschiebung zurückgewiesen hatte, sah man auch für Sami A. eine neue Entscheidungsgrundlage gekommen. Das Bamf hob das Abschiebeverbot auf und ordnete die sofortige Vollziehung an.