17.05.2007

Neue Westfälische

Ministerin zu Gast im Abschiebeknast

Müller-Piepenkötter: Künftig werden auch Kleinkriminelle in der Bürener Haftanstalt untergebracht

VON HUBERTUS GÄRTNER

Büren. Die nordrhein-westfälische Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) muss wohl noch einige Monate um ihr Amt bangen. Gestern hat der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum Siegburger Foltermord in Düsseldorf seine Arbeit aufgenommen. Am gleichen Tag besuchte Müller-Piepenkötter die Abschiebehaftanstalt in Büren (Kreis Paderborn) und stellte dort ihre Planungen vor.

Mittlerweile wirkt die 57-Jährige wieder gefestigt und halbwegs gelassen. Nach dem grausamen Mord, den drei Häftlinge am 11. November vergangenen Jahres in dem Siegburger Gefängnis an einem Mitgefangenen verübt hatten, war sie massiv in die Schusslinie geraten. Die Opposition im Düsseldorfer Landtag wirft der Ministerin schlechtes Krisenmanagement und „Organisationsversagen“ vor.

Müller-Piepenkötter soll für die chronische Überbelegung in den 37 NRW-Gefängnissen und damit indirekt auch für diverse Gewaltexzesse verantwortlich sein. Zum Auftakt der Arbeit des parlamentarischen Untersuchungsausschusses setzte die CDU gegen den Willen der SPD durch, dass auch der frühere NRW-Justizminister Wolfgang Gerhards (SPD) aussagen muss.

Sie werde nicht in Hektik verfallen, sagte Müller-Piepenkötter gestern in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Büren. Ihr Besuch dort ist in einem gewissen Sinne auch als Folge des Siegburger Foltermordes zu verstehen. Zur Entlastung anderer Gefängnisse sollen in Büren ab dem 1. Juli 178 Haftplätze geschaffen werden. Nach Auskunft der Justizministerin werden dort aber keine Schwerkriminellen untergebracht, sondern Personen, die entweder sogenannte Ersatzfreiheitsstrafen oder geringfügige Freiheitsstrafen bis zu drei Monaten verbüßen müssen. Kurze Freiheitsstrafen im geschlossenen Vollzug werden beispielsweise gegen notorische Schwarzfahrer oder Diebe verhängt. Ersatzfreiheitsstrafen müssen Personen verbüßen, die zu Geldstrafen verurteilt wurden, diese aber nicht bezahlen.

Bislang sind in der JVA Büren, einer früheren Kaserne, ausschließlich Abschiebehäftlinge untergebracht. Früher waren es bis zu 500, heute sind es noch 178, sagt Anstaltsleiter Volker Strohmeyer. Eines von drei Hafthäusern sei deshalb frei geworden, es werde für die Strafhaft hergerichtet. „Wir verstärken die Außenwände“, sagt Strohmeyer. Nach den Vorschriften des Völkerrechts müssen Strafhaft- und Abschiebehaftbereiche strikt getrennt sein. In Büren sei das in Zukunft auch beim Sport und während der Arbeit gewährleistet.

Anstaltsleiter Strohmeyer ist „froh, dass die Bürener Haftanstalt fortbesteht“. Die Zahl der Bediensteten wird von derzeit 90 auf 165 aufgestockt. Die Justizministerin hat nicht nur in Büren, sondern auch in Wuppertal einiges vor. Dort will sie ein Jugendgefängnis mit 500 Plätzen bauen lassen. Es soll 2009 fertig sein. Bis dahin will Müller-Piepenkötter den Untersuchungsausschuss überstanden haben.

 

Vorm Gitter: NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter besuchte gestern die Bürener Abschiebehaftanstalt. FOTO: REINHARD ROHLF