25.02.2008

Neue Westfälische: Wenig Applaus für Wiefelspütz

Diskussion in der Kulturwerkstatt: Wie soll das Land mit Asylbewerbern umgehen?


VON ANDREAS BLOCK

Paderborn. Dieter Wiefelspütz war schon etwas eingeschnappt, als er nach 20 Minuten zum ersten Mal Beifall bekam. „Na endlich, sonst wäre ich auch gegangen“, sagte der SPD-Politiker. In der Kulturwerkstatt hatte er am Sonntag einen schweren Stand – musste er doch die Asylpolitik der letzten Jahre verteidigen.

Wiefelspütz tat das auch sehr offensiv. „Nennen Sie mich Täter“, sagte er und bezog sich damit auf die Reform des Asylrechts im Jahr 1993, an der er maßgeblich mitgearbeitet hatte. Diese Gesetze haben es Flüchtlingen deutlich erschwert, in Deutschland Asyl erstattet zu bekommen. Dieses kritisierte Sevim Dagdelen, Bundestagsabgeordnete der Linken. „Wir schotten uns immer mehr ab und verweigern Menschen in Not unsere Hilfe“, sagte sie.

Damit waren die Positionen beim politischen Frühschoppen in der Kulturwerkstatt abgesteckt. Aber auch abseits von Wiefelspütz und Dagdelen war das Podium in der Kulturwerkstatt hochkarätig besetzt. Monika Düker, Landtagsabgeordnete der Grünen, Staatssekretär Karl Peter Brendel und Frank Gockel vom Verein Hilfe für Menschen in  Abschiebehaft diskutierten mit Moderator Thomas Schroedter über die Asylpolitik in Deutschland.

Ein besonders brisantes Thema im Paderborner Land. Schließlich steht in Büren ein Gefängnis für Menschen in  Abschiebehaft. Von dort aus sollen seit 1993 mehr als 40.000 Menschen abgeschoben worden sein. Frank Gockel, dessen Verein sich für die Verbesserung der Haftbedingungen in Büren und anderen Haftanstalten einsetzt, kritisierte die Politik in scharfen Worten. „Immer noch sitzen in Deutschland Minderjährige in  Abschiebehaft. Keine Partei hat es geschafft, dieses Defizit zu beseitigen“, sagte Gockel.

Zustimmung in seiner Kritik an der Asylgesetzgebung bekam er von der Grünen-Abgeordneten Monika Düker. „Menschen, die nichts verbrochen haben, gehören nicht in den Knast“, sagte sie. Das wollte Wiefelspütz nicht auf sich sitzen lassen. „Wer in Not ist, dem soll geholfen werden“, sagt er. Dennoch verteidigte er umstrittene Gesetze wie die sogenannte Drittstaatenregelung. Darin steht: Wer aus einem sicheren Land nach Deutschland kommt, zum Beispiel Österreich, hat keine Chance auf einen erfolgreichen Asylantrag. „Damit können Flüchtlinge nur noch illegal nach Deutschland kommen“, bemängelte Selim Dagdelen.

Aber auch die Politikerin der Linken musste sich Kritik anhören. So sei ihre Partei zwar im Berliner Rathaus an der Macht, dort gebe es aber eine der unmenschlichsten  Abschiebehaftanstalten, so Monika Düker. Dagdelen erwiderte: Sie sei selbst eine Gegnerin der Regierungsbeteiligung ihrer Partei in in Berlin – und kritisiere auch die Zustände in dem dortigen Abschiebegefängnis.

Wie viele Flüchtlinge soll Deutschland aufnehmen? Wie sollen Asylbewerber behandelt werden? Bei diesen zentralen Streitpunkten erreichten die Politiker erwartungsgemäß keinen Konsens. Auf oberster politischer Ebene lautet die Richtung zurzeit ohnehin: Weiter so. Denn Dieter Wiefelspütz ist sich sicher: „Unsere Asylgesetze sind richtig.“

Experten: Dieter Wiefelspütz (SPD), Monika Düker (Grüne), Karl Peter Brendel (Staatssekretär im NRW-Innenministerium), Moderator Thomas Schroedter, Sevim Dagdelen (Die Linke) und Frank Gockel (Verein Hilfe für Menschen in  Abschiebehaft, v.l.) diskutierten in der Kulturwerkstatt. FOTO: BLOCK